Verständlich und lesbar schreiben

Was heisst es genau, verständlich und lesbar zu schreiben?

Die KAFKA-Regeln definieren dies als:
  • Konkret schreiben: Treffend benennen, unscharfe Oberbegriffe vermeiden. Keine abstrakten Wörter. Genau und anschaulich schreiben.
  • Aktiv schreiben: Aktive statt passive Verbform. Dynamische Verben statt schwerfällige Substantive.
  • Füllwörter streichen, Floskeln ersetzen: Füllwörter und Floskeln blähen einen Text auf ohne etwas mitzuteilen. Besser sind frische, eigenwillige Formulierungen.
  • Kurz schreiben: Kurze Wörter statt «Silbenschleppzüge». Verschachtelte und überfrachtete Sätze vermeiden.
  • Adjektive sparsam verwenden: Adjektive sind statisch; sie beschreiben und bewerten. Oft unterbrechen sie den Fluss der Sprache.

[Erläuterungen mit freundlicher Genehmigung von Margrit Stucki, webwriting.ch, http://webwriting.ch/schreib/stil1.html, Stand 22. Juli 2009]



Verwenden Sie die KAFKA-Regeln selbst!

Versuchen Sie, die folgenden Texten mit Hilfe der KAFKA-Regeln zu verbessern. (Übungen aus den Kursunterlagen zu "Einführung in den Umgang mit Umweltsystemen", 2008, ETH Zürich)

Originaltexte 1:
Dass diese Politik Früchte trägt, ist bei einem Besuch der Region offensichtlich.

Die drohende Verknappung der weltweiten Energieressourcen führt global zu Bestrebungen einen sparsamen Umgang mit Energie sowie den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern.

Schreiben Sie im Textfeld unten oder in Ihrem persönlichen Blog.


Musterlösung

Originaltext 2:
Mögliche Lösungsansätze wären eine Weiterbildungsverpflichtung für alle am Bau beteiligten Akteure, Energielabels im Gebäudebereich einzuführen und eine Informationskampagne, welche bestehende Informationslücken zu schliessen versucht, zu gründen.

Schreiben Sie im Textfeld unten oder in Ihrem persönlichen Blog.


Musterlösung


Weniger ist mehr!


Wissenschaftliche Arbeiten sind präzis, genau, direkt, kurz. Sie sollen Ihre Behauptungen nicht schön und blumig verpacken - bei wissenschaftlichen Texten erwartet Ihre Leserschaft eine klare und kurze Sprache.

"Achten Sie auf eine präzise Sprache. Schreiben Sie kurze Sätze. Packen Sie - wenn immer möglich – nie mehr als eine Aussage in einen Satz. Genauso wie lange Sätze behindern lange Wörter das Lesen."

[Leitfaden Schweizer Jugend forscht, S. 13, http://www.sjf.ch/index.php?id=57, Stand 22. Juli 2009]



Wie schreibt man präzis und kurz?

Sie schreiben präzis, wenn Sie mit sogennanter "begrifflichlichen Genauigkeit" formulieren. Das heisst:

  • "Fachbegriffe benutzen, nicht Alltagsbegriffe
  • einheitliche Terminologie
  • die gleiche Bezeichnung für die gleiche Sache
Eindeutig und klar forumulieren heisst:
  • Merhdeutigkeiten und Vagheiten vermeiden
  • Konnektoren exakt einsetzen
  • unspezifische Ausssagen vermeiden"

[Kruse, Wissenschaftliches Schreiben anleiten, Hochschuldidaktische Weiterbildung an Universität und ETH Zürich, 8.-9.2.2007]



Kontrollieren Sie sich selbst:


Habe ich eine sinnvolle Position zwischen knapper, gedrängter Ausdrucksweise und weitschweifiger Ausführlichkeit gefunden?

Weitschweifigkeit ist gekennzeichnet durch "... Darstellung unnötiger Einzelheiten, überflüssige Erläuterungen, breites Ausholen, Abschweifen vom Thema, umständliche Ausdrucksweise, Wiederholungen, Füllwörter und leere Phrasen."

Quelle: Langer, Schulz von Thun und Tausch, 1993, Sich verständlich ausdrücken, 5. verbesserte Auflage, S. 16 ff., in Nagel, 1997, Unveröffentlichte Seminarunterlagen, Humboldt Universität zu Berlin, in Lehmann, Leitfaden für Bachelor- und Masterarbeiten in Agrarwissenschaft, 17.1.2008, ETH Zürich.




Sie brauchen mehr Zeit, um weniger Wörter zu schreiben? Genau!

Um kurze und präzise Texte zu schreiben, müssen Sie Ihre Sätze mehrmals überarbeiten: formulieren, lesen, revidieren, nochmals lesen, anders - d.h. kürzer - formulieren, und so weiter. Das ist vielleicht aufwändig, aber es lohnt sich!

Kennen Sie diesen berühmten Spruch? (ursprünglich von Blaise Pascal, Lettres provinciales, 4. Dez. 1656, Nr. 16)

"Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich mich kürzer gefasst".




Schachtelsätze, warum nicht?

"Sprich, wie du schreibst. Und ich weiss, wie du schreibst. Sprich mit langen, langen Sätzen - solchen, bei denen du, der du dich zu Hause, wo du ja die Ruhe, deren du so sehr benötigst, deiner Kinder ungeachtet, hast, vorbereitest, genau weisst, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinander geschachtelt, so dass der Hörer, ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat, auf das Ende solcher Periode wartet ... nun, ich habe dir eben ein Beispiel gegegeben. So musst du sprechen."

[Kurt Tucholsky, Ratschläge für einen schlechten Redner, von http://www.rhetorik.ch/Tucholsky/Schlecht.html, 22 July 2009]



Darum. Kurz und eindeutig sind Schachtelsätze kaum, auch wenn es sich um kein solches extremes Beispiel handelt.


Wie entflechtet mann einen Schachtelsatz?

Schachtelsätze stammen aus Schachtelgedanken. Sie können Schachtelsätze vermeiden, indem Sie sich komplexe Sachverhalte anhand einer logischen Skizze zunächst selbst verdeutlichen und in Einzelaspekte unterteilen. Bei der Ausformulierung sollten Sie darauf achten, dass Sie mehrere dieser Aspekte nicht in einem Satz vermischen. Am Ende der Arbeit sollen Sie prüfen, ob Sie lange Sätze, die sich über mehr als drei oder vier Zeilen erstrecken, teilen können.

[in Anlehnung an Anita Weissflog, Leitfaden zur Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten, Friedrick-Schiller-Universität Jena 2007, Seite 10, http://www2.uni-jena.de/philosophie/iwk/download/technik_wiss_arbeitens_neu.pdf, Stand 16. Juli 2009]



Probieren Sie selbst!

Entflechten Sie den oben zitierten Satz von Kurt Tucholsky's "Ratschläge für einen schlechten Redner". Machen Sie aus dem einen Satz mehrere, klare Sätze. Auch wenn die Sachverhalte im Satz nicht extrem komplex sind, so machen Sie sich auch eine kleine Logikskizze (in beliebiger Form).

Schreiben Sie im Textfeld unten oder in Ihrem persönlichen Blog.








Diese Materialien wurden 2009 durch Pauline McNamara erstellt und durch das Zurich-Basel Plant Science Center herausgegeben.

Nutzungsbedingungen: Die Inhalte dieser Seite wurden unter der Creative Commons License der “Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen”: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.5/ch/ publiziert. Weitergabe oder Veränderung der Inhalte erfolgt unter den Bedingungen der CCL, wobei die Namensnennung der Autoren und eine Verlinkung auf das Projekt WiSch - Wissenschaftliches Schreiben, Zurich-Basel Plant Science Center gewährleistet sein muss.

Last modified: Friday, 15 August 2014, 3:13 PM