6. Eine Unterhaltung, aufgeschnappt in einem Strassencafé: Die Konsequenzen von Plagiaten

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Lesen Sie das Gespräch, dann antworten Sie die Fragen am Schluss.

Zwei Zürcher Uni-Studenten unterhalten sich im Frühjahr 2009* in einem Strassencafé

- Hey, kommst du am Wochenende an die Party?
- Ich weiss nicht so recht. Meinst du, Peter* kommt auch? Ich wollte ihn schon lange mal näher kennenlernen.
- Peter? Ich glaube nicht. Ehrlich gesagt habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ich habe gehört, er hätte irgendwie bei einer Arbeit geschummelt oder so.
- Im Ernst? Geschummelt?
- Naja, also nicht wirklich geschummelt, glaube ich zumindest. Aber anscheinend hatte es damit zu tun, dass er etwas aus dem Internet kopiert haben soll...
- Ach ja? Du willst sagen, Sachen aus dem Internet zu nehmen ist schummeln? Das machen doch alle als erstes bei einer Arbeit: schnell im Internet nachschauen.
- Ja, genau! Erster Halt: Google. Wie dem auch sei. Anscheinend wurde ihm vorgeworfen, er habe ein Plagiat begangen, also etwas von jemandem kopiert und als seine eigenen Ideen ausgegeben.
- Aha, jetzt verstehe ich. Es geht also nicht unbedingt ums Verwenden von Informationen aus dem Internet, sondern um die Quellenangabe. Es war aber nur eine Semesterarbeit oder etwas für irgendeinen Kurs, oder? Ich finde es ziemlich krass, ihm bei einer solchen Arbeit gleich Plagiatsvorwürfe zu machen.
- Das ist, was ich gehört habe. Wie es aussieht, können sie dir das auch in Bachelor- und Master-Kursen anlasten. Dazu brauchst du nicht unbedingt ein PhD-Kandidat oder so sein.
- Im Ernst? Das wusste ich nicht. Aber das erklärt noch nicht, wieso Peter nicht da ist. Er muss ja nicht gerade untertauchen, nur weil er wegen einer Copy-Paste-Aktion eins aufs Dach gekriegt hat.
- Ja, das ist eben das Problem. Er hat nicht nur einfach eins aufs Dach gekriegt! Er wurde für zwei Semester vom Studium ausgeschlossen.
- Was?! Die wollten an ihm sicher einfach ein Exempel statuieren, damit sich alle anderen gleich in die Hosen machen...
- Ich glaube nicht. Es gab insgesamt sechs Fälle. Fünf von ihnen wurden auf die eine oder andere Weise bestraft.
- Nur einer kam ohne Strafe davon? Krass! Fünf sind also für ein Weilchen vom Studium ausgeschlossen?
- Nicht alle haben die gleiche Strafe erhalten. Wahrscheinlich gab's verschiedene Disziplinarmassnahmen.
- Ah, man wird also nicht automatisch rausgeworfen, man kann auch weniger hart bestraft werden?
- Ich denke schon. Soviel ich weiss gibt es alle möglichen Strafen, von mild bis hart. Von einer schriftlichen Verwarnung bis hin zum Ausschluss für sechs Semester.
- Sechs Semester? Das tut weh! Wenn mir so was passieren würde, hätten meine Eltern gar keine Freude. Sie würden mir sagen, ich solle einen Job suchen! Kannst du dir das vorstellen?
- Hmmm, wäre gar nicht so schlimm, wenn du einen Job hättest. Dann könntest du wenigstens all die Kaffees bezahlen, die wir hier trinken. Aber drei Jahre an der Uni zu verpassen... nach drei Jahren ist man ziemlich alt...
- ...das stimmt! Falls man überhaupt zurückkommt! In drei Jahren kann soviel passieren...
- Wenigstens wurde Peter nicht ganz rausgeschmissen. Einer von der Uni Münster musste wirklich gehen, weil er ein Plagiat begangen hatte.**
- Ganz rausgeschmissen?! Das tut echt weh!
- Ja. Jetzt wissen wir wenigstens davon. Dieses Semester musste ich sogar ein Dokument unterschreiben, um zu bestätigen, dass ich kein Plagiat begehen werde. Das ist zur Absicherung, falls jemand sagen würde, er hätte keine Ahnung gehabt...
- Mein Gott! Sind wir schon so weit?
- Ja, anscheinend. Hast du schon mal ein solches Dokument gesehen? Ich zeig dir eines, das ich in einem Kurs bekommen habe...
- Sekunde, ich brauch' noch einen Kaffee. Bin gleich zurück...

* Diese Geschichte sowie der Student Peter sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig.

** Den Fall von der Uni Münster hingegen hat es wirklich gegeben. See http://www.online-und-recht.de/urteile/Diplomarbeit-muss-fremde-Textpassagen-aus-dem-Internet-kenntlich-machen-Verwaltungsgericht-Muenster-20090220.html

Fragen

Siehe die Links unten, um diese Fragen zu beantworten.

1. Diese Geschichte basiert sich (nicht eng!) auf wahre Geschehnisse an der Uni Zürich. Was ist mit der Uni Basel, welche disziplinäre Massnahmen kann jemand erwarten, der Plagiat an der Uni Basel begeht?

2. Und an der ETH Zürich?

3. Wie unterschiedlich sind die drei Universitäten bezüglich des Umgangs mit Plagiaten?

ETH Zürich Disziplinarordnung (PDF-Datei): http://www.rechtssammlung.ethz.ch/pdf/361.1_Disziplinarordnung_engl.pdf

Uni Basel Regeln zur Sicherung wissenschaftlicher Redlichkeit:http://philhist.unibas.ch/studium/plagiat/

Plagiat-Merkblatt Uni Zürich (PDF-Datei):http://www.lehre.uzh.ch/index/LK-Plagiate-Merkblatt.pdf

Artikel in der NZZ über Plagiat an der Uni Zürich: http://www.nzz.ch/2007/02/01/zh/articleEVOJ4.html


Foto-Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/84/Artists_at_All_City_Coffee_25.jpg

Diese Materialien wurden 2009 durch Pauline McNamara erstellt
und durch das Zurich-Basel Plant Science Center herausgegeben.

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Last modified: Thursday, 14 August 2014, 9:44 AM